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Revision von Art. 64a KVG - Aufschub der Kostenübernahme für Leistungen

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1. Ausgangslage

Zur Finanzierung der Krankenpflegeversicherung ist die Solidarität bei der Erfüllung der Prämienzahlungs- und Kostenbeteiligungspflicht durch die Versicherten unentbehrlich. Allerdings sind nach dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (KVG) aufgrund fehlender formeller Rechtsgrundlagen zahlreiche Vollzugsprobleme mit Versicherten aufgetreten, welche ihre finanziellen Verpflichtungen gegenüber den Krankenversicherern nicht erfüllen. So haben die Erfahrungen der Krankenversicherer in den 10 Jahren seit Einführung des KVG gezeigt, dass Prämien- und andere Zahlungsausstände von Jahr zu Jahr in einem problematischen Ausmass zugenommen haben. Schätzungen gehen von jährlich über Fr. 400 Millionen ausstehender Prämien und 500'000 Betreibungen aus. Gemäss einer Umfrage der GDK sind rund 120'000 Personen von einem Leistungsaufschub betroffen.

Leider hat es sich in all den Jahren auch als praktisch unmöglich erwiesen, frühzeitig einen Unterschied zwischen wirklich bedürftigen Menschen und Personen mit schlechter Zahlungsmoral zu machen. Erst die Ausstellung eines Verlustscheins beweist die eigentliche Zahlungsunfähigkeit einer Person. Zwischen der Aufnahme des Betreibungsverfahrens und der Ausstellung des Verlustscheines liegen im Durchschnitt rund 20 Monate. Rund zwei Drittel der Ausstände werden irgendwann während dieser Frist beglichen (Zahlungsunwillige). In den anderen Fällen müsste eigentlich die öffentliche Hand die Verlustscheine übernehmen (Zahlungsunfähige). In der Praxis wird die Finanzierungsverpflichtung seitens der Kantone und Gemeinden immer wieder in Frage gestellt und Verlustscheine bleiben solange ungedeckt, wie die betreffende Person keine medizinischen Leistungen beansprucht oder deren Kosten tiefer liegen als die ausstehenden Prämien und Kostenbeteiligung.

 

Aufgrund dieser Erfahrungen verankerte das Parlament per 1.1.2006 die Folgen des Zahlungsverzugs für Krankenversicherungs-Prämien und Kostenbeteiligungen auf Gesetzesstufe (aktueller Art. 64a KVG).

2. Artikel 64a KVG

Art. 64a lautet wie folgt:
1 Bezahlt die versicherte Person fällige Prämien oder Kostenbeteiligungen nicht, so hat der Versicherer sie schriftlich zu mahnen, ihr eine Nachfrist von dreissig Tagen einzuräumen und sie auf die Folgen des Zahlungsverzuges (Abs. 2) hinzuweisen.
2 Bezahlt die versicherte Person trotz Mahnung nicht und wurde im Betreibungsverfahren ein Fortsetzungsbegehren bereits gestellt, so schiebt der Versicherer die Übernahme der Kosten für die Leistungen auf, bis die ausstehenden Prämien, Kostenbeteiligungen, Verzugszinse und Betreibungskosten vollständig bezahlt sind. Gleichzeitig benachrichtigt der Versicherer die für die Einhaltung der Versicherungspflicht zuständige kantonale Stelle über den Leistungsaufschub. Vorbehalten bleiben kantonale Vorschriften über eine Meldung an andere Stellen.
3 Sind die ausstehenden Prämien, Kostenbeteiligungen, Verzugszinse und Betreibungskosten vollständig bezahlt, so hat der Versicherer die Kosten für die Leistungen während der Zeit des Aufschubes zu übernehmen.
4 Solange säumige Versicherte die ausstehenden Prämien, Kostenbeteiligungen, Verzugszinse und Betreibungskosten nicht vollständig bezahlt haben, können sie in Abweichung von Artikel 7 den Versicherer nicht wechseln. Artikel 7 Absätze 3 und 4 bleibt vorbehalten.
5 Der Bundesrat regelt die Einzelheiten des Prämieninkassos, des Mahnverfahrens und der Folgen des Zahlungsverzugs.


3. Absicht des Artikels 64a KVG


Aufgrund der neuen Bestimmung muss der Krankenversicherer bei Prämienausständen die Kostenübernahme für Leistungen frühzeitig (nach Einreichen eines Fortsetzungsbegehrens) sistieren. Damit wollte der Gesetzgeber Druck auf säumige Prämienzahler ausüben und letztlich verhindern, dass Versicherte zwar keine Prämien bezahlen, aber trotzdem weiterhin Versicherungsleistungen beziehen können. An der Schuldner- und Gläubigerstellung änderte sich nichts: Der Versicherer bleibt Schuldner der während der Sistierung der Zahlungen (Leistungsaufschub) erbrachten Leistungen. Er wird sie allerdings erst bezahlen, wenn die ausstehenden Prämien und Kostenbeteiligungen sowie die Verzugszinsen und Betreibungskosten vollständig beglichen wurden, sei es durch die versicherte Person selber oder, im Falle eines Verlustscheins, durch die von den Kantonen vorgesehene zuständige Behörde.

4. Auswirkungen des Leistungsaufschubs


Im Wesentlichen wurden zwei Feststellungen gemacht:
- Positiv: Die Quote der während des Betreibungsverfahrens dann schliesslich doch noch bezahlten Prämien erhöhte sich markant auf zwei Drittel aller Fälle. In Bezug auf die an sich zahlungsfähigen, aber nicht besonders zahlungswilligen Versicherten entpuppte sich der Leistungsaufschub damit als äusserst wirksames Druckmittel.
- Negativ: Bei einer grossen Zahl der unter Leistungsaufschub stehenden Versicherten handelt es sich um zahlungsunfähige Personen. Vielfach sind Chronischkranke betroffen; gleichzeitig weigern sich bestimmte Leistungserbringer, solche Patienten noch zu behandeln, weil sie fürchten, am Ende nicht bezahlt zu werden. Da die Kantone die Ausstände erst bei Vorliegen eines Verlustscheins übernehmen, was den Leistungsaufschub beendet, befinden sich die betroffenen Personen unter Umständen während Monaten oder Jahren in dieser schwierigen Situation.
Angesichts dieser negativen sozialen Auswirkungen scheint heute eine Gesetzesrevision angezeigt.

 


5. Position von santésuisse


santésuisse hat nach einer Lösung gesucht, die negativen Auswirkungen der Regelung von Art. 64a zu minimieren, ohne gleichzeitig auf die positiven Aspekte verzichten zu müssen. Der Revisionsvorschlag von santésuisse umfasst dementsprechend folgende Kernpunkte:
- Gesetzliche Verpflichtung der Kantone zur Übernahme aller im Verlustschein ausgewiesenen Prämien, Kostenbeteiligungen, Betreibungskosten und Verzugszinsen
- Möglichkeit zum Beibehalten des Leistungsaufschubs bei Zahlungsunwilligen, d.h. bei Versicherten, welche wiederholt betrieben werden müssen, bevor sie zahlen.
- Verpflichtung der Kantone zur direkten Ausrichtung der Prämienverbilligung (PV) an die Krankenversicherer (derzeit wird die PV in 15 Kantonen direkt an die Versicherer ausgerichtet, 11 Kantone bezahlen die PV nach wie vor direkt an den Versicherten aus). Diese Massnahme verhindert die Zweckentfremdung der PV. In diesem Sinne hat die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Ständerates (SGK-S) bereits in der Frühjahrssession 2007 eine Motion überwiesen, welche verlangt, dass die PV nach einer angemessenen Übergangsfrist von allen Kantonen direkt an die Krankenversicherer ausbezahlt wird.
- Verpflichtung der Kantone, alle Ausstände innert 24 Monaten seit der Stellung des Betreibungsbegehrens zu tragen. Dadurch wird sichergestellt, dass die bereits laufenden weiteren Verfahren gedeckt sind und die Situation zahlungsunfähiger Personen auch in Zukunft geregelt bleibt und wiederholte Betreibungsverfahren vermieden werden können.
Bis zu der allfälligen Änderung des Art. 64a KVG ist santésuisse bereit, mit den Kantonen entsprechende Verträge auszuhandeln. Am Vertrag teilnehmende Krankenversicherer verpflichten sich, gegenüber Personen mit Prämienausständen Betreibungen einzuleiten, ohne gleichzeitig die Kostenübernahme von Leistungen aufzuschieben. Im Gegenzug dazu vergütet die öffentliche Hand dem Krankenversicherer innerhalb von 60 Tagen nach Eintreffen des Verlustscheines beim Kanton alle ausstehenden Prämien, Kostenbeteiligungen, Betreibungskosten und Verzugszinsen.

6. Fazit

santésuisse betrachtet die Revision des Art. 64a KVG als unumgänglich. Die derzeitige Gesetzessituation ist unhaltbar, weil sie zahlungsunfähige Personen in sozial ausserordentlich schwierige Lagen bringen kann, besonders wenn es sich bei den Betroffenen um chronisch kranke Menschen handelt, die auf regelmässige Pflege angewiesen sind. santésuisse strebt deshalb eine Lösung an, welche einerseits die Kantone dazu verpflichtet, Ausstände von zahlungsunfähigen Versicherten zu übernehmen und andererseits die finanzielle Solidarität aller Versicherten gewährleistet, indem der Druck auf zahlungsunwilligen Versicherten aufrechterhalten wird.

Quelle santésuisse, April 2007

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