CVP-Ständerat Bruno Frick will das nicht länger hinnehmen: In einem letzte Woche eingereichten Vorstoss verlangt er, das Krankenversicherungsgesetz so zu ändern, dass der Bund Billigkassen verbieten kann. «Diese haben stark zur Entsolidarisierung zwischen den gesunden und kranken Versicherten beigetragen», kritisiert Frick. Sein Vorstoss findet breite Unterstützung.
Ärger über Billigkassen geht quer durch alle Parteien
Mit der Solidarität zwischen den Gesunden und Kranken ist es nicht weit her. Das wollen viele Parlamentarier nun ändern: Sie fordern den Bundesrat auf, Billigkassen zu verbieten.
Von Annetta Bundi, Bern
Wenn es darum geht, unliebsame Kunden abzuwimmeln, legen die Krankenkassen vielFantasie an den Tag. Mal zahlen sie älteren Leuten das Geld zu spät aus, mal lassen siederen Formulare so lang liegen, bis sie entnervt bei einem anderen Versicherer anklopfen. Zu den gängigen Tricks gehört auch, attraktive Angebote nur per Internet zu unterbreiten, weil sich viele Rentner damit schwer tun: Die auf junge, gesunde Menschen ausgerichteten Billigkassen führen oft gar keine Filialen mehr.
Verfälschter Wettbewerb
Obwohl mit solchen Geschäftsmodellen die Solidarität zwischen den Gesunden und Kranken strapaziert wird, sind den Behörden die Hände gebunden. Seit das EidgenössischeVersicherungsgericht den Billigkassen 2002 sein Plazet gegeben hat, muss der Bundzuschauen, wie sich ein Anbieter nach dem anderen auf die jungen Kunden konzentriert. Die Helsana vereint mit der Progrès, Avanex, Sansan und Aerosana bereits vier Billigkassen unter ihrem Dach, die Visana und die CSS führen je zwei solcher Kassen. Sie orientieren sich am Vorbild der Groupe Mutuel, die mit ihrem unübersichtlichen Kassenkonglomerat denA nfang gemacht hat.
Den Vertretern der Linken sind diese Modelle seit langem ein Dorn im Auge. Kritik kommt nun aber auch von bürgerlicher Seite: In einem letzte Woche eingereichten Vorstoss verlangt CVP-Ständerat Bruno Frick (SZ), dass die Krankenkassen in der Grundversicherung für alle von ihnen angebotenen Konstrukte in derselben Prämienregion immer dieselbe Prämie festlegen müssen - was auf ein Verbot der Billigkassen hinausläuft. «Die Erfahrung der letzten Jahre hat gezeigt, dass es für die Kassen viel attraktiver ist, Risikoselektion zu betreiben statt sich über einen guten Service und Massnahmen zur Kostensenkung von den anderen Anbietern abzuheben», ärgert sich Frick, der im Verwaltungsrat der Swica sitzt. Mit einer Gesetzesänderung will er dem Bund die Kompetenz geben, gegen die «unerwünschte
Entsolidarisierung durch Billigkassen» vorzugehen.
Fricks Vorstoss hat gute Chancen, überwiesen zu werden. Schliesslich habenGesundheitspolitiker aus allen Parteien seine Motion unterschrieben. Die Linke freut sichü ber diesen Support. «Es ist höchste Zeit, die Billigkassen abzuschaffen», sagt die Zürcher SP-Nationalrätin Jacqueline Fehr, die in der grossen Kammer gegen diese Konstrukte kämpft. Mit einem eben deponierten Vorstoss möchte sie Krankenkassen mit auffallend viel jungen Kunden etwa zum Beweis verpflichten, keine Risikoselektion zu betreiben.
Krankenkassen winken ab
Von solchen Vorgaben wollen die Versicherer nichts wissen. «Falls man die Risiken unter den Kassen anders verteilen will, muss man das über den Risikoausgleich steuern», sagt Peter Marbet von Santésuisse. «Anstatt neue Ideen zu diskutieren, sollte das Parlament endlich mit der Verfeinerung des Risikoausgleichs vorwärts machen», doppelt Helsana- Sprecher Rob Hartmans nach.
Der Risikoausgleich weist in der Tat Mängel auf. Kassen mit überdurchschnittlich viel kranken Menschen werden von den anderen zwar unterstützt. Da für die Berechnung der Geldströme aber nur auf das Alter und Geschlecht abgestellt wird, bleibt ein Teil des höheren Krankheitsrisikos unberücksichtigt. Das verzerrt den Wettbewerb. Die Politik drängt daher darauf, auch die Spital- und Heimaufenthalte in die Kalkulation aufzunehmen oder komplizierte Fälle über einen speziellen Pool zu finanzieren. «Es braucht beides», sagt Frick.« Der Risikoselektion kann man nur begegnen, wenn man den Ausgleich verfeinert und die Billigkassen abschafft.» ---
STICHWORT
Risikoausgleich
Bern. - Junge Männer sind für die Krankenkassen attraktive Kunden. Da sie selten zum Arzt müssen, belasten sie die Versicherung nur minimal. Viele Kassen konzentrieren sich daher auf die Jagd nach guten Risiken - statt dafür zu sorgen, dass alte und kranke Menschen günstig behandelt werden. Diesem Trend versucht der Staat mit dem Risikoausgleich entgegenzuwirken: Wer viele junge Kunden hat, muss in den Topf einzahlen, wer viele ältere hat, erhält einen Zustupf. Um die Risikostruktur der Kassen zu eruieren, stützen sich die Behörden auf Alter und Geschlecht. (abi)
Quelle Tages Anzeiger, März 2007
Verbreitungspolitik für unsere Rubrik "News"
bonus.ch publiziert Artikel und Pressemitteilungen in Bezug auf seine Aktivitäten. Für alle von externen Quellen (Presseabteilung, Institutionen oder Partner) stammenden Artikel lehnt bonus.ch jegliche Haftung ab. Aufgrund der Meinungs- und Redefreiheit nimmt bonus.ch keine Stellung zum veröffentlichten Inhalt.